Freie Ausbildungsplätze und Nachwuchssorgen gibt es in vielen Branchen. Schüler aus Rathenow erklären Firmen, wie sie Azubis gezielter ansprechen.
(v.l.): Zarah Zimmermann, Nora Bierhals, Lawrence Beskow, Omaima Tai haben den Rathenower Linsenfertiger "Obrira" bei der Azubigewinnung beraten. © Quelle: Franziska von Werder
Rathenow. Sie sind Experten auf diesem Gebiet – und das sogar in zweierlei Hinsicht: Die Oberstufenschülerinnen und -schüler des Ludwig-Friedrich-Jahn Gymnasiums in Rathenow werden bald ihren Abschluss machen. Sie müssen sich dann entscheiden, ob sie eine Ausbildung machen oder lieber studieren wollen.
Wer könnte also besser geeignet sein, um Firmen aus der Region darin zu beraten, wie man Azubis für sich gewinnt? Die Schüler sind außerdem als „digital natives“ mit Instagram, YouTube und Co. aufgewachsen. Sie wissen also genau, wie die Medien funktionieren und wodurch junge Erwachsene sich angesprochen fühlen.
Jahngymnasium in Rathenow im „Blauen Saal“ im Kulturzentrum
In dem von Oberstufenkoordinatorin Karin Lemme geleiteten Seminarkurs haben die Jugendlichen Beraterfirmen gegründet und für verschiedene Unternehmen aus Rathenow ein Konzept erstellt, wie sie Auszubildende noch besser erreichen. Das sei eine Win-win-Situation: „Im Ausbildungsmarkt entscheiden sich heute die Bewerber für die Ausbildungsunternehmen, nicht umgekehrt“, so Karin Lemme. Am Dienstag fand im „Blauen Saal“ im Kulturzentrum die Vorstellung ihrer Ergebnisse statt, die sie in den vergangenen anderthalb Jahren erarbeitet haben.
„Noch besser könnte das Unternehmen darin sein, eine Nähe zu potenziellen Azubis aufzubauen“, sagt Zarah Zimmermann. Ihre Gruppe berät den Rathenower Linsenhersteller „Obrira“. Dazu haben die Schüler die Beraterfirma „U. B. Around You“ gegründet. Der Internetauftritt des Optikers sei zwar schon gut – die Firma habe eine ansprechende Webseite, einen eigenen Instagram-Kanal und Videos auf YouTube hochgeladen.
Azubisuche in Rathenow: Jahnschüler haben Verbesserungsvorschläge
„Man könnte die Kanäle aber noch ausbauen“, findet die Schülerin. So etwa Bilder von Arbeitsabläufen, der Herstellung der Brillen oder von fertigen Produkten hochladen. „Wer sich bewirbt, will schließlich genau wissen, was er in dem Unternehmen machen wird“, sagt sie. Es müsse außerdem gekennzeichnet sein, dass überhaupt nach Azubis gesucht werde.
Die Schüler haben sich außerdem ein weiteres Format überlegt: Man könne ein Videospiel entwickeln, bei dem man die Grundzüge der Brillenproduktion spielerisch kennenlernt. Sie schlagen außerdem vor, auf Ausbildungsmessen auch sogenannte „Goodies“ zu verteilen, also zum Beispiel Kugelschreiber oder Jutebeutel mit dem Firmenlogo, damit sich Interessenten auch später noch an die Ausbildungsstätte erinnern.
Auch die „Galaxy Riders“ kamen mit ihrem Projekt zu einem Abschluss. Zumindest mit dem theoretischen Teil: Sie haben anders als die von den Schülern gegründeten Beraterfirmen nicht ein Unternehmen in der Azubigewinnung beraten – sondern für den Natur- und Sternenpark Westhavelland einen Radweg konzipiert. Und zwar einen Planetenradweg. Dabei werden die Sonne und ihre Planeten maßstabsgetreu in Größe und Abstand entlang des bereits bestehenden Havelradweges mit Schautafeln beschrieben. Das Projekt wurde mit dem Jugendförderpreis des Landkreises Havelland ausgezeichnet. Jetzt muss der Planetenradweg nur noch voll finanziert werden, damit das Projekt umgesetzt werden kann.
von Franziska von Werder