Rathenow. Was für ein versöhnlicher Abschluss nach einem Jahr der Einschränkungen und Entbehrungen: Am Freitagnachmittag haben 67 Schüler und Schülerinnen des Jahngymnasium ihre Abiturzeugnisse erhalten. Und der Rahmen hätte nicht passender sein könne. Auf dem Plateau unter dem Bismarckturm fand die feierliche Zeugnisübergabe statt. Allein die enorme Hitze – das Thermometer zeigte um 16.30 Uhr noch 34 Grad – machte dem einen oder anderen Teilnehmer der Zeremonie zu schaffen.
Doch nach diesem Jahr der Extreme konnte das zumindest die Schüler nicht aus der Bahn werfen. Denn nichts, aber auch gar nichts, was in den vergangenen zwölf Monaten in der Schule passiert ist, kann man mit dem Adjektiv normal bezeichnen.
Ein Abschlussjahr im Zeichen der Pandemie
Distanzunterricht, Maskenpflicht, Schnelltest-Pflicht – alle Boshaftigkeiten der Pandemie hatten auch und vor allem die Abschlussschüler zu tragen. „Die Corona-Pandemie hat auch euren Jahrgang erreicht“, sagte Schulleiterin Anke Koch in ihrer Rede. „Nicht nur touchiert, sondern stark ausgebremst.“ Um so erfreulicher sei das Ergebnis.
„Dieser Tag ist ein Tag der Freude“, so Koch weiter. „Denn ihr erhaltet das Reifezeugnis, weil ihr konzentriert und ohne Murren und mit der Einsicht in die Notwendigkeit diesen schwierigen Weg in den letzten Monaten mitgegangen seid, immer klar ein Ziel vor Augen: das Abitur.“
Und was für ein Abitur. Der Jahrgangsdurchschnitt sei mit 1,96 einer der besten, der je am Gymnasium erreicht wurde, so Anke Koch. „Von 67 Absolventen/innen haben 41 eine 1 vor dem Komma.“ Gleich vier mal sei die Traumnote 1,0 erreicht worden: Von Riko Hilger, mit 892 Punkten Jahrgangsbester und neuer Punkte-Rekordhalter in der Schulgeschichte. Von Chris Matthewes (875 Punkte), Aaron Tamschick (855 Punkte) und Pauline Sommer (844 Punkte).
Die Schulleiterin lobte aber ausdrücklich auch jene, die im Laufe ihrer Schulkarriere nicht permanent auf der Sonnenseite unterwegs waren. „Erlauben Sie mir, meinen Respekt auch denjenigen auszusprechen, die in das Fahrwasser pflichtiger Zusatzprüfungen gekommen sind. Sie haben gekämpft bis zum Schluss und ihr Arbeitsziel zweifach erfolgreich verteidigt.“
Entspannung und Wehmut
Wenn man sich unter den Schülern umsah, die sich zur Feier des Tages in Schale geschmissen hatten, erblickte man viele entspannte Gesichter. Einige konnten an diesem Tag, der einen Lebensabschnitt endgültig besiegelte, ihre Wehmut nicht verbergen. Doch die Freude auf einen neuen Lebensabschnitt gewann an diesem sonnigen Tag die Oberhand.
Viele wollen studieren, andere erst einmal weg von zu Hause, jobben im Ausland, andere Lebensräume und Kulturen kennen lernen. Doch es gibt auch jene, die es nicht in die weite Welt zieht, die im Havelland bleiben wollen.
Was auch immer sie tun, die Worte, die ihnen von der Schulleiterin mit auf den Weg gegeben geworden sind, sind es wert, verinnerlicht zu werde. „So klischeehaft es klingen mag, jeder Mensch sollte den Anderen so akzeptieren, wie er ist“, sagte Anke Koch.
„Ihr geht jetzt hinaus in die Welt, und ich bitte euch, eure Augen nicht vor Ungerechtigkeiten zu verschließen und kritisch zu denken. Das wird meiner Meinung nach immer mehr zur Aufgabe eurer Generation. Bildet euch stets eure eigene Meinung und schließt aber gleichzeitig andere nicht von der Diskussion aus. Kämpft dafür, dass unser Miteinander zukünftig von noch mehr Toleranz und Vielfalt geprägt sein wird!“
Dann wurde jeder einzelne Schüler zur Zeugnisübergabe nach vorne gerufen. Im Publikum drückten Eltern die eine oder andere Träne weg. Und dann war die feierliche Zeremonie vor der zauberhaften Kulisse des Weinbergs zu Ende.
Was nicht heißt, dass alle den Heimweg antraten. Auf der Terrasse hinter dem Bismarckturm wartete ein großes Festzelt auf die Gäste. Hier war nach dem offiziellen Akt Zeit genug, die Schulzeit noch einmal ganz gelassen Revue passieren zu lassen. Und schon als die ersten Gäste sich versammelten, war klar, dass dieser Sommerabend nicht so schnell zu Ende gehen würde.
Von Markus Kniebeler