Rathenow. Sagt Ihnen der Name Friedrich Lange etwas? Oder Johann Friedrich Meuß? Wahrscheinlich nicht. Dabei handelt es sich um zwei von insgesamt sieben Rathenower Ehrenbürgern. Sieht man von Otto von Bismarck ab, der ebenfalls zu der Riege der Ehrenbürger gehört, ist die Geschichte dieser Persönlichkeiten noch weitestgehend unerforscht.
Doch das soll sich ändern. Elftklässler des Jahngymnasiums werden im Rahmen eines zweijährigen Seminarkurses versuchen, Licht in die Biographien der Ehrenbürger zu bringen. Zwar gibt es schon Material zu dem einen oder anderen Würdenträger. Aber in einem Zusammenhang wurden sie noch nie betrachtet.
Kooperation mit dem Förderverein
Das Besondere an der Aufgabe ist, dass die Schüler sie in enger Zusammenarbeit mit dem Förderverein Heimatmuseum Rathenow erledigen. Sie dürfen dessen Ausstellungsräume in der Berliner Straße für ihre Recherche nutzen. Und in diesen Räumen werden sie im kommenden Jahr die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren.
Udo Geiseler, Geschichtslehrer am Jahngymnasium, leitet den Kurs, der den Titel „Geschichte als Beruf trägt.“ Ziel sei es, geschichtsinteressierten Schülern anhand praktischer Projekte zu zeigen, welche Arbeitsweisen ein Historiker beherrschen muss und was er mit diesen anfangen kann.
Fünf Aufgaben, fünf Arbeitsgruppen
Das Ehrenbürger-Projekt ist eine von fünf Aufgaben, die in Gruppen von den Gymnasiasten bearbeitet werden müssen (und am Ende auch bewertet werden). Eine zweite Gruppe hat den Auftrag, herauszufinden, welche unterschiedlichen Firmen und Betriebe im Laufe der vergangenen Jahrhunderte in der Steinstraße angesiedelt waren. Auch die Ergebnisse dieser Forschung sollen der Öffentlichkeit im Rahmen einer Ausstellung präsentiert werden.
Die Projekte 3 und 4 machen die Schüler mit den Techniken des Archivierens vertraut. Zum einen sollen historische Postkarten digitalisiert werden. Zum anderen gilt es, die Protokolle der Kreistags- und Stadtverordnetenversammlungen der letzten Jahrzehnte zu sichten und zu archivieren.
Rathenows Stadtarchivar Stefan Nitsche wird den Schülern bei diesen Arbeiten mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und schließlich, das ist das fünfte Projekt, soll die Geschichte des Rathenower Stadtteils Neufriedrichsdorf erforscht und dann in einer kleinen Broschüre publik gemacht werden.
Selbstständiges Arbeiten wird trainiert
Zwei pädagogische Ziele sollen nach Auskunft von Udo Geiseler in dem Seminarkurs erreicht werden. Zum einen gehe es darum, den Schülern zu zeigen, wie vielfältig die Arbeitsmöglichkeiten für diejenigen sind, die das Interesse an Geschichte zum Beruf machen wollen.
Zum anderen soll den Schülern das selbstständige Arbeiten vermittelt werden. Denn wie die fünf Gruppen ihre Aufgaben erledigen, wen sie kontaktieren, wo sie recherchieren, welche Hilfsmittel sie benötigen entscheiden sie selbst. „Ich mische mich da so wenig ein wie möglich“, sagt Geiseler, der mit dieser Form des Unterrichts nur gute Erfahrungen gemacht hat. „Weil die Schüler komplett verantwortlich sind für ein Projekt, das überdies auch einen praktischen Nutzen hat, sind sie sehr motiviert“, sagt er.
Der Förderverein profitiert in mehrerlei Hinsicht von der Kooperation mit dem Gymnasium. Zum einen wird er zwei Ausstellungen präsentieren können. Und auch die Archivprojekte sind künftig nutzbar. Noch wichtiger ist aber etwas anderes: „Wir wecken bei jungen Leuten das Interesse für Heimatgeschichte“, sagt Peter Dietze. Und das sei heutzutage, wo die meisten sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, von unschätzbarem Wert.
Von Markus Kniebeler