Rathenow. Hass und Hetze im Internet, verbale Entgleisungen auf der Straße oder dem Schulhof, der Umgangston scheint immer rauer zu werden. Der Begriff Hate Speech – Hassrede – kursiert in den Medien und viele Menschen haben diese inzwischen einmal oder mehrmals persönlich erfahren müssen. Weit aus weniger hört man dagegen von wertschätzender Kommunikation.
Wie diese funktioniert und was sie bewirken kann, das haben die Schüler der achten Klasse des Rathenower Jahngymnasiums am Mittwoch erfahren. Die Schule hatte sich erfolgreich beim Verein „Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland“ um einen Workshop beworben und bekamen nun Besuch vom Schauspieler Björn Harras. Gemeinsam mit Lena Besenhard von „Gesicht zeigen!“ übte er mit den Schülern in praktischen Übungen und Diskussionsrunden den achtsamen Umgang miteinander.
Mobbing ist nicht selten
Das Thema wählten Björn Harras und Lena Besenhard nicht von ungefähr. Es kommt immer mal wieder vor, das Schüler der Klasse gemobbt werden. Um dem entgegenzuwirken und Lösungswege aufzuzeigen, drehte sich einen ganzen Schultag alles um Hate Speech und Love Speech und soziale Kompetenz. Am Vormittag durften sich die Mädchen und Jungen dabei zunächst in Gruppenarbeit ausprobieren.
Gemeinsam hatten sie überlegt, wie wertschätzende Kommunikation aussehen kann. Anschließend standen Impulsübungen auf dem Programm, bei denen die Schüler die verschiedenen Ebenen der Körpersprache kennenlernen und ausprobieren durften und so erfuhren, wie ein bestimmtes Verhalten ihres Gegenübers auf sie wirkt und welche Gefühle das auslöst.
„Für die Schüler sind solche Übungen eine echte Herausforderung. Denn sonst ist es ihre Aufgabe zu zuhören, hier mussten sie sich aber aktiv einbringen“, erklärte Lena Besenhard, die bereits seit sieben Jahren im Verein aktiv ist. „Uns geht es darum, mit den Schülern ein demokratische Miteinander zu üben und den Jugendlichen zugleich Raum zum Nachdenken zu geben“, so die 25-Jährige weiter. Ihr ist es wichtig, dass gerade auch Schulen im ländlichen Raum in den Genuss dieses Angebots kommen, denn anders als in Großstädten gibt es hier in der Regel nur wenige Projekte dieser Art.
Nicht nur die Schüler lernten an diesem Tag dazu. Auch die Klassenlehrer Felix Baitz und Kerstin Frenzel nahmen am Workshop teil und zeigten sich am Ende begeistert. „Die beiden haben das sehr originell gemacht und es ist ihnen gelungen, Zugang zu den Schülern zu gewinnen. Die Klasse hatte wirklich Spaß daran“, betonte Kerstin Frenzel.
Eine Herausforderung
Was auf den ersten Blick fast spielerisch wirkt, ist gar nicht so einfach wie es scheint. „Natürlich ist es immer eine Herausforderung, die Aufmerksamkeit der Schüler zu gewinnen, die ja mitten in der Pubertät stecken“, gestand Björn Harras. Dass es ihm dennoch gelingt, die Teilnehmer mitzunehmen, bewiese er unter anderem in einem kurzen Rollenspiel, bei dem die Schüler sich mit Elan und Kreativität einbrachten.
Auch in der abschließenden Diskussionsrunde wurde deutlich, dass demokratisches Miteinander kein Kinderspiel ist, dass es aber gelingen kann, wenn man einander zuhört und die Meinung des anderen akzeptiert.
Der Workshop ist Teil der Aktion „Störungsmelder on tour“, die der Verein seit 2008 mit prominenter Unterstützung bundesweit durchführt. Björn Harras ist seit acht Jahren als ehrenamtlicher „Störungsmelder“ dabei. Weitere prominente Unterstützer sind Heiko Maas, Thomas Hitzlsperger, Michel Abdollahi und Dunja Hayali. Sie diskutieren mit Jugendlichen diskutieren mit Jugendlichen über Rechtsextremismus, Rassismus, Ängste, Vorurteile und Diskriminierung. In diesem Jahr kommen neben dem Jahngymnasium 16 weitere Schulen in den Genuss eines solchen kostenlosen Workshops.
Von Christin Schmidt