Rathenow. 15 Schüler des Jahngymnasiums wissen seit Beginn dieses Schuljahrs, was es heißt, zwei Völker zu führen. Bienenvölker, versteht sich. Im Seminarkurs „The Bee-holders“ (übersetzt: Bienenhalter) befassen sie sich mit den Geheimnissen der Imkerei. Und zwar nicht nur auf der Schulbank. Sondern vor allem am Bienenstock.
Zwei Völker mit bis zu 60 000 Bienen haben sie in ihrer Obhut. Werner Spanowski, Mitglied des Rathenower Imkervereins, hat die Oberstufenschüler in die Kunst des Imkerns eingewiesen. Nun kümmern sie sich, angeleitet von Lehrer Dirk Hoeft, selber um die Pflege der Bienenstöcke. Einmal wöchentlich begibt Hoeft sich mit zwei bis drei Kursteilnehmern zu den in der Natur stehenden Stöcken. Dort schauen sie nach, ob alles in Ordnung ist und ernten Honig, den sie später selber schleudern und abfüllen. Vermarktung und Verkauf des Honigs gehören auch zu ihren Aufgaben.
Schon über 60 Kilo Honig geerntet
Weil es in diesem Jahr schon im Frühling richtig warm ist, sind zwei Trachten bereits durch. 25 Kilo Rapshonig und 38 Kilo Robinienhonig sind bereits abgefüllt. Derzeit ist die Sommertracht in der Mache. „Nicht schlecht für den Anfang, oder?“, fragt Dirk Hoeft. Und weiß, dass ihm da niemand widersprechen kann.
Hoeft hat sich in Vorbereitung des Kurses selbst zum Imker ausbilden lassen und ist mit Begeisterung bei der Sache. Wie seine Schüler. „Alle sind unglaublich engagiert“, schwärmt er. Mit den zwei Seminarstunden pro Woche komme man längst nicht hin. Aber nicht ein Schüler habe sich bislang über Mehrarbeit beschwert.
Wenn man beobachtet, mit welcher Hingabe Leon Klieckmann und Arvid Klostermann, die sich in dieser Woche um die Bienen kümmern, ihre Arbeit versehen, dann fragt man sich, wo die allgegenwärtigen Klagen über unmotivierte und lustlose Schüler herkommen. Diese beiden Elftklässler jedenfalls wissen, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Denn darum geht es auch: Unzuverlässigkeit würde das schnelle Aus des Projekts zur Folge haben.
Pädagogisches Konzept wird erarbeitet
Übrigens hat sich das Seminar mit der Honiggewinnung und -vermarktung längst nicht erschöpft. In einem zweiten Teil, der nach den Sommerferien startet, werden die Schüler ein pädagogisches Konzept entwerfen, mit dem junge Menschen für die Imkerei begeistert werden sollen. Sie denken sich Experimente aus, entwickeln eine Computer-Präsentation, basteln Waben, an denen die Funktionsweise eines Bienenstocks anschaulich dargestellt werden kann.
„Sobald das Konzept steht, gehen wir damit in Kitas und Grundschulen“, sagt Hoeft. „Junge Leute sollen vertraut gemacht werden mit der wichtigen Rolle, die Bienen spielen.“ Und zwar auf unterhaltsame Art und Weise. „Mit trockenem Dozieren werden wird nicht weit kommen“, weiß Hoeft aus Erfahrung.
Das zentrale Ziel des Seminars ist übrigens nicht die Umweltbildung. Die Schüler sollen vor allem wirtschaftliches Denken lernen, Verantwortung übernehmen, vorausschauend planen. Sie haben das Konzept erstellt, die Arbeiten eingeteilt, sich um die Finanzierung gekümmert (u.a. fördert die MBS das Vorhaben). Sie werden die Vermarktung des Honigs übernehmen, den Verkauf organisieren und das oben erwähnte pädagogische Programm erstellen und in den Kitas und Schulen umsetzen.
„Das ist schon eine sehr komplexe, sehr anspruchsvolle Aufgabe“, sagt der Lehrer. „Aber die kriegen das schon hin.“ Dass das Seminar mehr Arbeit macht als andere, ist auch klar. Leon Klieckmann relativiert die Sache. „Klar haben wir hier ein bisschen was zu tun“, sagt der Schüler. „Aber im Vergleich zu den Bienen ist das ein Klacks. Die arbeiten deutlich mehr als wir.“
Von Markus Kniebeler