Rathenow. Pünktlich um 8 Uhr öffnete am Freitagmorgen das Wahllokal im Rathenower Jahngymnasium. Mehr als 300 Schüler der neunten bis zwölften Klasse durften an der sogenannten Juniorwahl teilnehmen und bis 13 Uhr ihre Stimme für die Bundestagswahl abgeben. Wenngleich ihr Votum keinen Einfluss auf den Wahlausgang am Sonntag haben wird, die bundesweite Juniorwahl ist ein Barometer für die politische Stimmung der Jugendlichen.
Immerhin nehmen in diesem Jahr fast 3500 Schulen teil, darunter 132 aus Brandenburg. Eine Rekordbeteiligung, die zeigt, das Interesse an politischer Bildung in Schulen ist so groß wie noch nie. Das Jahngymnasium ist nicht zum ersten Mal dabei, weiß Schulleiterin Anke Koch. Sie begrüßt das Engagement ihres Kollegen Sascha Walther, der die Juniorwahl mit Unterstützung der Klasse 10b organisiert hat.
Anders als bei der Wahl am Sonntag stimmen die Schüler nicht auf dem Papier, sondern am Computer ab. Drei mit einem PC ausgestattete Wahlkabinen haben die Wahlhelfer der 10b aufgebaut. „Natürlich läuft auch die Juniorwahl geheim ab. Sogar eine persönliche Wahlbenachrichtigung haben die Schüler vor drei Wochen bekommen“, berichtet Sascha Walther.
Umweltschutz und Bildung sind den Jugendlichen wichtig
Er hatte zuvor im Politikunterricht über die Bundestagswahl gesprochen. „Wir haben uns den Wahlomat und die Kurzwahlprogramme der Parteien angeschaut. All zu viel Zeit blieb uns aber nicht, da das Schuljahr erst mitten im Wahlkampf begann“, so Walther.
Er hat das Gefühl, dass das Interesse der Schüler an Politik durchaus zugenommen hat. Die Schüler diskutieren eifrig mit und sind besonders an Themen wie Umweltschutz, Bildung, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit interessiert, so Walther. Das erkläre, warum die Grünen bei der Juniorwahl häufig gut abschneiden. So war es auch vor vier Jahren, erinnert sich Anke Koch.
SPD und CDU bedienen eher Themen, die für ältere Generationen wichtig sind, deshalb schneiden sie bei der Jugend weniger gut ab, meint Sascha Walther. Er räumt auch ein, dass viele Schüler durch die Medien und das eigene Elternhaus beeinflusst sind. „Bei einigen wird zuhause derzeit fast nur noch über die Wahl gesprochen“, erzählt der 30-Jährige Pädagoge. Wenn am Sonntag um 18 Uhr die Wahllokale schließen, werden auch die Ergebnisse der bundesweiten Juniorwahl veröffentlicht.
Am Montag wird Sascha Walther die Ergebnisse seiner Schule, mit denen auf Kreis-, Landes- und Bundesebene und den Ergebnissen der großen Wahl im Schulflur veröffentlichen und mit seinen Schülern diskutieren.
Dann wird sich zeigen, ob die Partei, die bei den Jugendlichen die Nase vorn hat, am Ende auch tatsächlich das Land regiert. Immerhin repräsentiert die Juniorwahl die Stimmen von knapp einer Million junger Menschen, von denen die meisten in vier Jahren wählen dürfen. Fünf Jahngymnasiasten gehören schon jetzt zu den Erstwählern.
Von Christin Schmidt