22 Schülerinnen und Schüler der 12. Jahrgangsstufe am Jahn-Gymnasium Rathenow haben ein Theaterstück selbst geschrieben und geprobt,. Nun wurde es aufgeführt. „Getuschel“ ist eine Collage und orientiert sich stark an der Realität. Ein Besuch im Theaterkeller des Jahn-Gymnasiums.
Schülerinnen bei der Aufführung der Collage „Getuschel“ im Theaterkeller des Jahn-Gymnasiums. Quelle: Uwe Hoffmann
Rathenow. Das Stück sollte die Zuschauer dazu animieren weiter zu denken. Das sagte auch Lehrerin Ute Arndt: „ Unsere Collage soll anregen, zu Hause weiter zu diskutieren. Lassen Sie sich einladen“, so Ute Arndt zu den Gästen im Theaterkeller. „Tuscheln Sie anschließend nicht weiter, sondern reden Sie!“ Zweimal spielten die 22 Kursteilnehmer des Jahrgangs 12 „Darstellendes Spiel“ am Jahn-Gymnasium ihr Abschlussstück, das sie über den Zeitraum der vergangenen zwei Schuljahre gemeinsam erarbeitet und seit Oktober 2016 intensiv geprobt hatten.
Neben den vielen Schülerinnen standen auch drei Schüler auf der Bühne. „Bei der Suche nach einem Thema und der Umsetzung können alle Schüler mitreden und mitentscheiden“, sagt Marie Böhm. „Wir haben den größten Teil der Texte selbst erarbeitet und geschrieben.“ „Bereits im Mai letzten Jahres las die Autorin Lilly Lindner bei uns im Theaterkeller aus ihrer Autobiographie ‚Splitterfasernackt’“, ergänzt Ute Arndt. „Diese emotionale und intime Thematik haben wir auch in unserem Kurs aufgegriffen und verarbeitet.“
Zur ergreifenden Lesung vor Schülern der damaligen 11. Klasse schilderte die 1985 in Berlin geborene Lilly Lindner ihr Leben mit vielen Brüchen. Als Kinder wurde sie vergewaltigt, erkrankte mit 13 an Magersucht und suchte mit 21 gerade in einem Bordell Zuflucht und Geborgenheit. So waren auch die Themen der 45-minütigen Collage „Getuschel“ der Jahn-Schüler keine einfachen und oft sehr intim.
In den 23 kurzen Szenen thematisierten die Schüler Mobbing unter Schülern, Ausgrenzung, Gewalt in der Familie oder das Outing des homosexuellen Sohns. In der Szene „Lehrergespräche“, welche die Befindlichkeiten und teils frustrierte Lehrer darstellte, haben die Schüler reale Chats zwischen Lehrern im Internet benutzt. „Die Schüler tragen absichtlich zurückgenommen schlichte schwarze Sachen, um neutral für möglichst viele Personen zu stehen“, so Ute Arndt.
Es ist immer wieder beeindruckend zu erleben, wie überzeugend und reflektiert die Schülerinnen und Schüler Probleme, die sie selbst oder die Gesellschaft allgemein betreffen, artikulieren und auch emotional darstellen können. „Ich bin immer wieder selbst erstaunt, mit welcher Selbstsicherheit die Schüler das Thema auf die Bühne bringen“, war auch die Kursleiterin begeistert.
„Ich mag Schauspiel. Schon der Grundschule habe ich Theateraufführungen mitgestaltet und war später bei Frau Arndts Theater-AG, begründet Isabell Knauff, warum sie sich in der 10. Klasse im künstlerischen Bereich unter Musik, Kunst und Darstellendes Spiel für den DS-Kurs entschied. „Im Kurs besprechen wir nicht nur gemeinsam Ideen für unser Abschlussstück. Wir können auch bei der eigenen Benotung und der aller Kursteilnehmer mitsprechen“, sagt Marie Böhm, die ebenfalls in der Sekundarstufe I bei den „Kellerkindern“ war. „Ich interessiere mich für Schauspiel, Theater und Film. Das eigene Schauspielen ist für mich ein Ausgleich zum restlichen Schulalltag. Im DS-Kurs habe ich die Möglichkeit dazu.“
„Die öffentliche Aufführung des Abschlussstückes ist nach zwei Jahren Arbeit immer ein Höhepunkt für die Kursteilnehmer selbst aber auch für die Gäste, unter denen oft auch die Eltern oder Großeltern der Schüler sitzen“, sagt Ute Arndt. Die Lehrerin unterrichtet zwei Kurse „Darstellendes Spiel“ im 10./11./12. Jahrgang. Der zweite Kurs führt sein Abschlussstück „Lady“ am 15./16. März, jeweils 19 Uhr, im Theater-Keller des Jahn-Gymnasiums auf.
Von Uwe Hoffmann